UNTER DEM PFLASTER LIEGT DER STRAND – die 68er

S2 Kultur 1993 & 2003
fünfteilge Senderreihe, jede Sendung 29 Min
Regie: Carola Preuß

Die Situationisten sprachen vom „Beginn einer Epoche“. Für mich, den diese Zeit im SDS in Berlin und Kiel und dann im „Revolutionären Kampf“ in Frankfurt/M. nachhaltig prägte, galt es 25 bzw. mit der letzten Sendung 35 Jahre nach 1968 zu fragen: was ist geblieben von diesem Aufbruch?

Das 68er-Jahrzehnt nach ’89 zu einer Fußnote in der deutschen Geschichte geschrumpft? Manche Fußnoten wirken weiter.

 

1. Demokratie jetzt oder nie!

Mit Hajo Funke, Herbert Marcuse, Bernd Rabehl, Sigrid Rüger, Christian Semmler, K.D.Wolf

01

Die Studentenbewegung – weltweit ein Angriff auf die „Alte Welt“. In Deutschland eine Rebellion auf dem Hintergrund des Schweigens der Eltern über die faschistische Vergangenheit. Anfangs frech, bunt, antiautoritär, dann auch totalitär und als bewaffneter Kampf gegen das „kapitalistische Schweinesystem“. Die deutsche Studentenbewegung und Demokratie, ein Wechselbalg und Lehrstück ohnegleichen mit dem Titel „Die Schwierigkeiten der Deutschen mit der Demokratie“.

Cohn-Bendit

Daniel Cohn-Bendit in Paris im Mai ’68

 

2. Trau keinem über 30!

Mit Rudi Dutschke, Iring Fetscher, Joschka Fischer, Hajo Funke, Herbert Marcuse, Bernd Rabehl, Klaus Schütz, Uwe Wesel

02

„Hat einer dreißig Jahr vorüber,
So ist er schon so gut wie tot.
Am besten wär’s,
Euch zeitig totzuschlagen.“
Goethe, Faust II

Der ahnungsvolle Dichterfürst aus Weimar. Hierzulande erst der Kampf um Demokratie in der Hochschule, dann um gesellschaftliche Demokratie überhaupt. Eine Jugendrevolte, raus aus dem Mief von Adenauer-Patriarchat, schaffe-schaffe-Häusle-Wiederaufbauwahn und nachfaschistischer keiner-wars-gewesen-Verlogenheit oder beschwiegener Scham, erst als bewusste Regelverletzung, phantasievolle Provokation, dann nach dem Tod von Benno Ohnesorg auch starrsinnig, dogmatisch, gewalttätig, – und doch insgesamt ein freiheitlich zivilgesellschaftlicher Schub.

Fischer

Joschka Fischer über ’68, 25 Jahre danach
 

 

3. Ho-Ho-Ho-Chi-Minh oder die so traurige wie wahre Geschichte von Kindern reicher Eltern, die auszogen, um die Welt zu befreien

Mit Rudi Dutschke, Giangiacomo Feltrinelli, Iring Fetscher, Joschka Fischer, Hajo Funke, Herbert Marcuse, Kurt Mattick, Bernd Rabehl, Sigrid Rüger, Klaus Schütz

03

Der Vietcong im vietnamesischen, Che Guevaras Guerilla im bolivianischen Dschungel, oder die FRELIMO in Mosambik waren die Idealbilder, die exotischen Wunschlandschaften einer Studentenbewegung im projektiven Größenwahn. Sie predigte die Weltrevolution und wollte tatsächlich, dass Andere, ersatzweise für die Eltern, die antifaschistischen Versager, oder uns, die antikapitalistischen Versager, die Kastanien aus dem Feuer holen.

Eine Reportage vom Internationalen Vietnamkongreß im Februar 1968 im Audimax der TU Berlin, 25 Jahre nachdem ich daran teilgenommen hatte.

Marcuse

Herbert Marcuse 1967 im Audimax der FU-Berlin
 


4. Frauenpower macht Männer sauer

Mit Sigrid Rüger, Eva Rühmkorf, Alice Schwarzer, Ute Straub, Iring Fetscher, Joschka Fischer, Hajo Funke, Bernd Rabehl,

04

„Die Herrschaft der Schwänze hat ihre Grenze“: vom Verbalradikalismus der Macho-Genossen und dem Emanzipationskampf der Frauen aus der autoritären Genossenwelt heraus. Frauenunterdrückung wird damals in der Bundesrepublik erstmals als Funktion von Männermacht nicht nur analysiert, sondern auch nachhaltig attackiert. Was ist aus der frühen Radikalität des Feminismus 25 Jahre später geworden?

Frauenpower

Erklärung des  Frankfurter Weiberrats

  

 

5. Fantasie an die Macht oder ein Sarg voller Staub?

Mit Joschka Fischer, Hajo Funke, Bernd Rabehl, Hans Friedrich Schäder, Jürgen Trittin, Klaus Emil Heinrich Zapf

05

„Ach ’68 35 Jahre danach: die verblassende Generationserfahrung eines so vitalen wie zwiespältigen Aufbruchs. Wohin? Zum Dienstwagen und in Abertausende bunte Patchwork-Biographien, gelungene und solche des Scheiterns. Die politischen und medialen Schlachten um ’68 sind geschlagen. Der Fall der Mauer 1989 ist die nachhaltige Zäsur der Nachkriegsgeschichte. Sie hat den 2. Juni 1967 und das 68er-Jahrzehnt danach zu einer Fußnote in der deutschen Geschichte schrumpfen lassen. Manche Fußnoten wirken weiter.“
Anlaß dieses Nachklapps der ursprünglich 4-teiligen 68er-Reihe war eine Bundestagsdebatte im Januar 2001 um Joschka Fischers gewalttätige Beteiligung am Häuserkampf im Frankfurter Westend. Sie flammte damals kurz auf als letzter und letztlich gescheiterter Versuch des konservativen „68er bashing“ hierzulande.

Zapf

Klaus Emil Heinrich Zapf was aus den 68ern wurde, 35 Jahre danach


Veröffentlicht unter 30 Reportagen, Demokratie, Geschichte, Sendereihe

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